Geschichte Österreichs
( Ein Schwank durch die Zeit von: Franz Sonnleitner www.funkymugl1.at )
Die Besatzungszone in Österreich nach 1945
Im November 1945 fanden die ersten freien Wahlen seit eineinhalb Jahrzehnten statt. Ihr Ergebnis überraschte eher das Ausland als die Österreicher selbst: die kommunistische Partei erhielt nur 4 von 165 Nationalratsmandaten, die österreichische Volkspartei erreichte 85 Sitzen die absolute Mehrheit im Nationalrat, die sozialistische Partei kam auf 76 Mandate. Um dem Druck der Besatzungsmächte standhalten und Österreich zur vollen Freiheit führen zu können, wurde das System der Allparteien – Koalition auch nach den Wahlen 1945 beibehalten. Bundeskanzler wurde Leopold Figl, der Obmann der ÖVP, zum Bundespräsidenten wurde Dr. Karl Renner, der bisherige Regierungschef, gewählt.
Mit dem zweiten Kontrollabkommen von 1946 wurde das Erfordernis der einstimmigen Genehmigung von Gesetzen durch den alliierten Kontrollrat auf Verfassungsgesetze eingeschränkt. In den ersten zwei Jahren der Besatzung wurden strenge Kontrollen an den Zonengrenzen durchgeführt. Die Besatzungskosten stellten für Österreich eine große Belastung dar.
Österreich war bis 1947 auf die Hilfe der Vereinten Nationen (UNRRA – Programm) und danach bis 1953 auf die USA angewiesen. (Österreich erhält durch den Marshallplan aus den USA Kredite in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar.)
Österreich hatte die Hälfte seiner Besatzungskosten, die immerhin 15% des österreichischen Staatshaushaltes ausmachten, an die Sowjetunion zu leisten. Als die westlichen Besatzungsmächte der Bundesregierung einige Unternehmen zur Verfügung stellten, schritt sie zur Verstaatlichung der Grundstoff – und Schlüsselindustrien ( Verstaatlichungsgesetze von 1946 und 1947: verstaatlicht wurden 70 Unternehmen der Industrie, 3 große Banken und die Energiewirtschaft.) zu dieser Maßnahme führten Erfahrungen aus der Zeit der Ersten Republik: privaten Eigentümern, insbesondere ausländischen, sollte in Hinkunft ein Abwürgen der Versorgung der österreichischen Wirtschaft mit Rohstoffen und Ausgangsmaterialien, wie dies in den dreißiger Jahren geschehen ist, unmöglich gemacht werden.
Ein weiterer Schritt zur Gesundung der Wirtschaft war die 1947 durchgeführte Währungsreform, die die Nachkriegsinflation beendete und das von den Besatzungsmächten ungedeckt in Umlauf gebrachte Geld abschöpfte. Gegen dieses Gesetz, das eine Härte für die Arbeitnehmer darstellte, wandte sich die kommunistische Partei, die schon vorher gegen die Annahme der Marshallplan – Hilfe protestiert hatte. Es gab Demonstrationen und Unruhen unter der Arbeiterschaft der USIA – Betriebe. Im Jahr 1950 wuchsen sich solche Kundgebungen bis zu einem kommunistischen Putschversuch aus, der nur durch sozialistische Gewerkschaftler verhindert werden konnte. Die sowjetische Besatzungsmacht hatte das Eingreifen der Polizei verboten. Auch der Generalstreikaufruf der Kommunisten wurde nicht befolgt.
Die Wahlen von 1949 hatten beiden Großparteien Mandatsverluste gebracht, der neu zugelassene “Verband der Unabhängigen“ (VDU) errang auf Anhieb 16 Mandate. Aus der VDU entstand nach 1955 die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), die als Nachfolgepartei des deutsch – national – liberalen Lagers der Ersten Republik aufzufassen ist. Die politische Reife der führenden Parteimänner, die auf Zusammenarbeit aller bedacht waren, der Fleiß seiner Bewohner, geduldiger Wiederaufbau, Unternehmensgeist und viel Arbeit brachten es zustande, dass 1953 Österreich wirtschaftlich wieder auf eigenen Beinen stand. Die Bundespräsidenten der zweiten Republik waren bis 1986 stets Kandidaten der Sozialistischen Partei ( Renner, Körner, Schärf, Jonas, Kirchschläger, 1986 wurde Waldheim als Kandidat der ÖVP gewählt), während der Bundeskanzler der Koalitionsregierungen von 1953 bis in die sechziger Jahre von der ÖVP gestellt wurde ( Figl, Raab, Gorbach, Klaus.)
Ein außenpolitischer Erfolg war die Abweisung jugoslawischer Gebietsansprüche im Kärntner Raum. Dagegen blieb ein Versuch, die deutschsprachigen Teile Südtirols durch Vermittlung der Alliierten zurückzugewinnen, erfolglos. Österreich musste sich mit einem Abkommen begnügen, das für die österreichische Minderheit in Südtirol eine weitgehende Autonomie vorsah. Die italienische Auslegung des sogenannten Gruber – de Gaspieri – Abkommens erstreckte die Autonomie auf die gesamte neugeschaffene Region Trentino – Südtirol, in der die Italiener die Mehrheit besitzen. Das machte die Regelung fast wirkungslos.
Das wichtigste außenpolitische Problem der Regierung aber war es, die alliierten Besatzungsmächte zum Abzug zu bewegen. Da Österreich kein kriegsführendes Land gewesen war, kam der Abschluss eines Friedensvertrages nicht in Frage. Daher drängte die Regierung auf die Unterzeichnung eines Staatsvertrages. Die ersten Bemühungen dieser art gehen auf das Jahr 1946 zurück, als auf der Pariser Außenministerkonferenz der amerikanische Außenminister Byrnes einen derartigen Vertrag in Erwägung zog. Angesichts der Entwicklung des Kalten Krieges aber wollten weder die westlichen noch die östlichen Besatzungsmächte das in der Mitte Europas liegende Österreich freigeben.
Erst durch den Tod Stalins 1953 und die darauffolgende “Tauwetterperiode“ trat eine Änderung der internationalen Lage ein. Seit der Berliner Außenministerkonferenz (1954) konnte Österreich selbständige Verhandlungen mit der Sowjetunion führen. Die Sowjets, die bisher niemals ein einmal besetztes Land aus ihren System entlassen hatten, luden im April 1955 eine österreichische Delegation unter der Führung des Bundeskanzlers Julius Raab, mit Figl, Schärf und Kreisky, nach Moskau ein, und waren unter der Bedingung der österreichischen Neutralität zum Abschluss eines Staatsvertrages bereit (Moskauer Memorandum.)
Als auch die westlichen Besatzungsmächte zustimmten, wurde der vertrag am 15. Mai 1955 durch die Außenminister der vier Supermächte und den österreichischen Außenminister Figl im Wiener Belvedere unterzeichnet: Österreich wurde als souveräner Staat in den Grenzen von 1938 wiederhergestellt. Die Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit Österreichs wurde von den Signatarmächten garantiert. Österreich verpflichtet sich, keine wie immer geartete politische oder wirtschaftliche Vereinigung mit Deutschland einzugehen. Österreich hatte aber auch schwere wirtschaftliche Verpflichtungen gegenüber den Sowjets zu erfüllen: 150.000.000 Dollar in Form von Warenlieferungen und 6.000.000 Tonnen Rohöl waren zur Ablöse des deutschen Eigentums an die Sowjets zu leisten. 1964 hatte Österreich diese materiellen Leistungen erfüllt.
Am 26. Oktober 1955 trat das vom österreichischen Nationalrat beschlossene Gesetz über die immerwährende Neutralität Österreichs in Kraft. Tags zuvor hatte der letzte Besatzungssoldat Österreich verlassen. Nach sieben Jahren nationalsozialistischer Fremdherrschaft und zehn Jahren der Besetzung war Österreich wieder völlig frei. In diesem Neutralitätsgesetz erklärt Österreich einseitig und freiwillig, dass es seine Neutralität mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen würde.
Damit verpflichtet sich Österreich auch zur umfassenden Landesverteidigung, also auch zur militärischen. Es verpflichtet sich ferner, in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beizutreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiet nicht zuzulassen. Der 26. Oktober ist fortan österreichischer Feiertag. Mit der Vollmitgliedschaft Österreichs in den Vereinten Nation im Dezember 1955 ist eine stillschweigende Anerkennung der österreichischen Neutralität durch Staaten anzunehmen. Das System der Koalition wurde auch nach Erringung der vollen Freiheit noch ein Jahrzehnt lang beibehalten. Die kompakte Mehrheit der beiden Regierungsparteien sicherte den wirtschaftlichen Aufstieg und die wachsende außenpolitische Geltung des Landes.
Das Fehlen einer echten Opposition führte jedoch zu Erstarrungserscheinungen, wie etwa zum Proporzdenken, das eine gleichmäßige Verteilung wichtiger Ämter und Arbeitsverbände bald, gleichsam über den Kopf der Regierung hinweg, zueinander und bestimmten das Wirtschaftsklima durch gegenseitige Absprachen. Diese Sozialpartnerschaft regulierte das Lohn – und Preissystem und trug wesentlich zur Erhaltung des sozialen Friedens bei (Österreich ist bis heute eines der streikärmsten Länder der Welt.) Das Wirken der Sozialpartner (Kammern und Gewerkschaften) wird aber auch, da sie vom Wähler nicht kontrolliert werden können, gelegentlich als unzulässige Nebenregierung kritisiert.
Die zweite Republik Österreich zog die Lehren aus den Fehlern der Ersten Republik, der Vollbeschäftigung wurde Vorrang gegeben und dabei ein Wertschwund der Währung in überschaubarem Maß als Preis riskiert. Arbeitslosigkeit wurde dadurch jahrelang im neuen Österreich zu einer unbekannten Erscheinung. Es mussten sogar Gastarbeiter herangezogen werden, um die Kapazität der Wirtschaft aufrecht zu erhalten. 1960 schloss sich Österreich der europäischen Freihandelszone (EFTA) an, nach langwierigen Verhandlungen erreichte es 1972 ein Freihandelsabkommen mit der EWG.
Durch seine Neutralität stieg das internationale Ansehen des kleinen Staates gewaltig. Einige Jahre nach dem Beitritt Österreichs zur UNO wurde Wien zum Sitz zweier Behörden: der Atomenergiekommission und der Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO.) 1972 bis 1981 war der österreichische Außenminister Dr. Kurt Waldheim Generalsekretär der Vereinten Nationen. International bewährt hat sich Österreich erstmals 1956, als es nach dem Oktoberaufstand in Ungarn über 200.000 Flüchtlinge aufnahm.
Nach dem Wegfall des äußeren Druckes wuchsen die Spannungen innerhalb der Regierungskoalition immer mehr. So bildete 1966 die ÖVP nach Erringung der absoluten Mehrheit eine Alleinregierung unter (Josef Klaus.) Während dieser Regierungsperiode gelangte Österreich zu einer zufriedenstellenden Regelung der Südtiroler Autonomie. 1970 fiel der Regierungsauftrag an die SPÖ. Bruno Kreisky bildete zuerst ein Minderheitskabinett und nach Gewinn der absoluten Mandatsmehrheit nach Neuwahlen (1971) eine sozialistische Alleinregierung, die zwölf Jahre lang bestand. Nach drei Jahren kleiner Koalition der SPÖ mit der FPÖ kehrte Österreich 1986 wieder zur Form der großen Koalition zurück. (Die SPÖ unter Franz Vranitzky konnte bei den Nationalratswahlen im Oktober 1990 erneut die Mandatsmehrheit erringen. Die freiheitliche Partei erreichte beachtliche 33 Mandate. Die Grünalternative kam auf 9 Mandate.
In der Zeit der sozialistischen Alleinregierung wurden große Reformen durchgeführt, insbesondere die Strafrechtsreform, die Familienrechtsreform und die Reform des Arbeitsrechtes. Auch die Möglichkeit der direkten Demokratie, des Volksbegehrens und der Volksabstimmung wurden immer häufiger angewendet. Die Inbetriebnahme des Atomkraftwekes Zwentendorf wurde nach einer Volksabstimmung mit knapper Mehrheit abgelehnt.
Nachdem ersten Weltkrieg liegt die Zahl deutscher und österreichischer Überseeauswanderer, die Ende des 19.Jahrhunderts sehr geschrumpft war, wieder stark an. In den dreißiger Jahren verließen etwa 250.000 verfolgte Juden und viele andere politisch diskriminierte Menschen das Dritte Reich (die Zurückgebliebenen kamen größtenteils in den Vernichtungslagern des Regimes ums Leben.) Während des zweiten Weltkrieges wurden etwa 770.000 Volksdeutsche aus Ost – Mitteleuropa und der Sowjetunion in das engere deutsche Herrschaftsgebiet umgesiedelt. Gegen Ende des zweiten Weltkrieges und in den Jahren danach kam es zu einer großen Flucht – und Vertreibungswelle Deutscher von Ost nach West.
Über 6.000.000 Volksdeutsche verließen ihre Heimat in ost-mitteleuropäischen Staaten, über 8.000.000 verließen die deutschen Ostgebiete (Ostpreussen, Ostpommern, Brandenburg und Schlesien.) Dabei dürften über 2.000.000 Menschen ums Leben gekommen sein. Eine große Zahl Volksdeutscher hat sich auch in Österreich angesiedelt (viele Ortsnamen und Familiennamen beweisen dies.) bereits nach dem ersten Weltkrieg ist eine große Anzahl von Menschen aus der neugebildeten Tschechoslowakei nach Österreich, insbesondere nach Wien, ausgewandert. (Ein Großteil der heutigen Familiennamen in Wien ist böhmischer Herkunft.
Das heutige Österreich erlebt nach den gewaltigen politischen Veränderungen des Jahres 1989 und 1990 einen ungeheuren Zustrom von Menschen aus Osteuropa: etwa 100.000 Menschen sind 1990, insbesondere aus Polen und Rumänien, nach Österreich gekommen, um hier um politisches Asyl anzusuchen. Die großen Probleme des heutigen Österreichs sind der Schutz der gefährdeten Umwelt (die rapide Zunahme des LKW – Transitverkehrs durch Österreich hat kürzlich zu einem regelrechten Transitstreit zwischen Österreich und Italien geführt, die Verhandlungen um einen EG – Beitritt Österreichs (wobei die österreichische Neutralität zu berücksichtigen ist), aber auch die Erhaltung der guten wirtschaftliche Position Österreichs.
Artikel erstellt von: Gastautor Franz Sonnleitner am 12.03.2005 |