Geschichte Österreichs
( Ein Schwank durch die Zeit von: Franz Sonnleitner www.funkymugl1.at )
Die Donaumonarchie unter Franz Joseph I. (1848 bis 1916)
Für die Habsburger bedeutete die Revolution 1848/49 eine mehrfache Bedrohung: Einerseits verlangen die Bürger, die Arbeiter und die Bauern politische und soziale Rechte, anderseits strebten die Tschechen, Ungarn, Italiener und andere deutsche Völker nach nationaler Eigenständigkeit. Um den Bestand der Monarchie zu retten, gab die Regierung zunächst nach. Sie versprach Presse – und Versammlungsfreiheit, Schwurgerichte und eine konstitutionelle Verfassung und erließ die Aufhebung der Grunduntertänigkeit der Bauern. Aufstände, auch in Böhmen und Italien, werden mit Militärgewalt niedergeschlagen. Das Heer erweist sich als verlässliche Stütze der Habsburger, und als im Oktober 1848 Arbeiter und Kleinbürger radikale Forderungen stellen, distanziert sich auch das Großbürgertum von der Revolution. Die Führer der Aufständischen werden nun erschossen, der nach Olmütz geflohene Hof hebt den kaum 19 – jährigen Franz Joseph im Dezember 1848 auf den Thron. Dieser kann im folgenden Jahr mit russischer Militärhilfe und mit Feldmarschall Radetzky auch den ungarischen Aufstand niederschlagen und eine Militärdiktatur errichten.
Die Finanzen des Habsburger Staates sind in katastrophalen Zustand. Die nationalen Strömungen der Landesteile gingen weiter, und die Germanisierungspolitik verbittert Slawen, Ungarn, Italiener, Kroaten und Slowenen. 1853 misslingt ein Attentat eines ungarischen Studenten auf Franz Joseph knapp. Jetzt endlich erlässt Fürst Schwarzenberg eine zentralistische “oktroyierte Gesamtverfassung“, die die nichtdeutschen Völker benachteiligt. Im Krimkrieg von 1853 bis 1856 verhält sich Österreich so schwankend, dass es am ende mit beiden Parteien verfeindet ist und vor allem die Russen gründlich verstimmt. 1859 bricht aus dem Freiheitsstreben Italiens noch einmal Krieg hervor: bei Malgenta und Solferino wird das große österreichische Heer von den durch Frankreich unterstützten Sardinier Piemontesen geschlagen. Die gesamte Lombardei geht an Italien verloren.
Die neue Zeit, angereichert durch die industrielle Revolution und die soziale Frage, schreitet unaufhaltsam voran. Die Bevölkerungszahl Wiens steigt von 440.000 im Jahr 1850 auf 2.031.000 im Jahr 1910 an. Sinnlos sind für die rasch wachsende, durch Industrie, Handel und ständigen Zuzug vom Lande anschwellende Stadt Wien die alten Wälle und Sternbefestigungen geworden. Der Kaiser gibt das Glacis zur Bebauung frei und die Ringstraße entsteht.
Rückt Österreich 1864 noch an Preussens Seite gegen Dänemark ins Feld, um als Mitglied des deutschen Bundes die Herzogtümer Schleswig – Holstein ins Reich zurückzuholen, so wird kurz darauf die Rivalität der beiden größten deutschen Staaten um die Führung immer deutlicher. Preussen verbündet sich mit Italien, dann besetzt es das von Österreich verwaltete Holstein. Die Kriegserklärung Österreichs ist unvermeidlich. Das Kalkül des preussischen Ministerpräsidenten Otto Graf Bismarck geht auf. Der französische Kaiser Napoleon III. sympathisiert bloß mit Österreich, die süddeutschen Staaten sind offen auf der Seite der Habsburger. Aber die österreichische Armee ist aus Geldmangel nur unzureichend ausgerüstet. Die Infanterie schießt noch mit Vorderladern und alten Ringkanonen, während Preussens Heer moderne Zündnadelgewehre und geschütze besitzt. Bei Königsgrätz (1866) siegen die preussischen Armeen unter General Moltke über die österreichischen Benedek.
Für die preussischen Truppen war nun der Weg bis zur Donau frei, die überlegene österreichische Artillerie konnte lediglich den Rückzug der eigenen Armee decken. Die bunten Farben der einzelnen österreichischen Regimenter boten nur ein farbenfrohes Bild, konnten aber die veraltete Ausrüstung keineswegs wettmachen. Admiral Tegethoff gewann zwar bei Lissa eine See – und ein österreichisches Heer bei Custozza eine Landschlacht gegen die Italiener, aber der Krieg war für Österreich verloren, die Entscheidung zwischen den Häusern Hohenzollern – Preussen und Habsburg - Österreich endgültig gefallen. Im Frieden zu Prag und Wien verzichtet Österreich auf Schleswig – Holstein und Venetien. Es tritt aus dem deutschen Bund aus.
Franz Joseph musste die politischen Konsequenzen aus dieser Niederlage ziehen und unterzeichnete den Ausgleich (1867), einen Vertrag, der Österreich und Ungarn als zwei selbstständige, nur durch Außenministerium, gemeinsame Armee und Finanzverwaltung und Personalunion mit dem Kaiserhaus verbundene Staaten begründet. Damit war die K. u. K. – Monarchie entstanden (das erste K stand für Kaiserlich, das zweite für Königlich, soweit es Ungarn und Böhmen betraf.) Das regte den Nationalismus der Slawen, vor allem der Tschechen, gewaltig auf, da sie in diesem Dualismus eine Zurücksetzung des slawischen Elements sahen. Österreich wandte sich nach dem Ausscheiden aus dem deutschen Raum nun verstärkt dem Balkan zu und geriet damit allmählich in einen Gegensatz zu Russland.
Gegen die Menge der Probleme kommen die schwächlichen Reformen der Regierung nicht mehr an. Da werden ein Staatsgrundgesetz, ein Reichsvolksschulgesetz, Kirchengesetze und ein Gesetz zur allgemeinen Wehrpflicht erlassen. Die Armee wird langsam und sehr unvollkommen umgerüstet. Die schon früh in Österreich gemachte Erfindung des Panzerwagens lehnt man z.B. ab, weil die schönen Kavalleriepferde scheu werden. Überall fehlt es an Geld, an leistungsfähiger Industrie, an Energie der Beamtenschaft. 1873 bringt unmittelbar nach der Eröffnung der Wiener Weltausstellung der große Wiener Bankkrach eine Wirtschaftskrise. Deutschland hat 1870/71 den Krieg gegen Frankreich gewonnen. Das zweite deutsche Kaiserreich unter Hohenzollern – Führung ist gegründet. Bismarcks Politik beherrscht das Feld.
Der österreichische Kaiser erlebt persönlich eine Tragödie nach der anderen. 1867 wird sein Bruder Maximilian, Kaiser von Mexiko, erschossen. 1889 erschießt sich Kronprinz Rudolf mit seiner Geliebten in Mayerling. 1898 wird die geliebte, eigenwillige Kaiserin Elisabeth von einem Anarchisten ermordet. Das Haus Habsburg – Lothringen zeigt Auflösungs – und Verbürgerlichungserscheinungen: Der Thronfolger Franz Ferdinand geht eine unebenbürtige Ehe ein, der zweitälteste Sohn stirbt früh, der dritte verliert als Franz Burg all seine Rechte. Ein Neffe des Kaisers führt ein kleinbürgerliches Leben, dessen Schwester Luise, die den König von Sachsen heiratete, geht mit dem Hauslehrer Tuselli durch, und ein Vetter ist als Johann Ort verschollen.
Neben dem gärenden Nationalismus ist als neue Sprengkraft der Monarchie der Sozialismus getreten. Schon 1867 hat sich der erste Arbeiterverein in Wien konstituiert. Viktor Adler gründet 1888/89 die Sozialdemokratische Partei, die ab 1910, als das allgemeine, gleiche und geheime wahlrecht eingeführt wird, rasch an Bedeutung gewinnt. Gegen das aufkommende Proletariat gründen die Kleingewerbetreibenden und Landwirte den Christlich – sozialen Verein. Ihr Mann ist Karl Lueger. Diese Partei, aber viel mehr noch die Deutschnationalen des Georg von Schönerer, vertreten die Ideen der Eindeutschung und des Nationalismus.
Dies alles spielt vor dem Hintergrund einer zunehmenden Isolierung der Donaumonarchie. Russland schürt den Panslavismus, weil es mit Hilfe der Serben an die Adria und mit Unterstützung der Tschechen weiter gegen den Westen vorzudringen hofft. England und Frankreich sehen in Österreich den treu an das deutsche Reich gebundenen Verbündeten.
Das Drei – Kaiser – Bündnis, von Bismarck geschmiedet, dauert nicht lange. Es wird 1879 durch den Zweibund zwischen Deutschland und der Donaumonarchie ersetzt und 1882 mit Hinzuziehung Italiens zum Dreibund erweitert. Die Annexion von Bosnien und Herzogovina (1908), die seit dem Berliner Kongress 1878 von Österreich besetzt waren, führt in Serbien einen neuen, von Russland unterstützten Feind herauf. Seit 1903 geht die panslavistische Propaganda gegen Österreich – Ungarn vor allem von Belgrad aus. Hier arbeitet der Geheimdienst an der Zerstörung des Habsburgerreiches.
Niemand höhrt auf den Thronfolger, Erzherzog Franz – Ferdinand, der den Ausgleich mit den Slaven anstrebt, indem er einen Trialismus, mit einem eigenen slavischen geleiteten Reichsteil, vorschlägt. Der alte Kaiser und sein Kabinett pflegen die alte Konstruktion der Monarchie mit Polizei, Zensur, Gericht und Militär. Der Mann des Ausgleichs, Franz – Ferdinand, wurde durch die Pistolenschüsse des bosnischen Studenten Gavril Princip am 28. Juni 1914 in Sarajewo ermordet.
Damit sollte eine mehr als 40 – jährige Friedenszeit für Österreich zu Ende gehen. Nach vierwöchigem Zögern und diplomatischem Verhandeln richtet Österreich ein hartes Ultimatum an Serbien, dessen Geheimorganisation “Schwarze Hand“ für den Mord verantwortlich ist. Da Russland daraufhin mobilisiert, ist der krieg unvermeidbar geworden. Die strebende bürgerlich – feudale Welt tritt mit der Kriegserklärung Österreich – Ungarns an Serbien am 28. Juli 1914 in den ersten Weltkrieg und damit in die Phase ihres Untergangs ein. Es folgt Kriegserklärung auf Kriegserklärung. Alle Versuche von Einzelpersonen, den Krieg doch noch zu vermeiden, sind gescheitert. Kaiser Franz – Joseph war gegen den Krieg. Er wurde von seinem Generalstabschef Conrad von Hötzendorf gedrängt. Bezüglich der Kriegsschuldfrage ist allen Regierungen Europas zumindest fahrlässiges handeln vorzuwerfen.
Für die Donaumonarchie zogen Deutsche, Tschechen, Slowenen, Kroaten, Italiener, Dalmatiner, Südslaven und Ungarn unter den Bannern des Kaisers ins Feld. Sie trugen als einziges Heer in einem Krieg der grauen Massen noch die bunten Uniformen der alten Zeit. Ihre Ausrüstung ist veraltet, der Nachschub fragwürdig. Und trotzdem hält Österreich 1915 dem Ansturm der russischen Massen im Osten stand. Als der Verbündete Italien im Mai 1915 den Krieg erklärt, ist für Österreich auch eine Südfront entstanden, die sie in zwölf Isonzonschlachten bis zuletzt behaupten kann.
Das 54 – Millionen – Reich kämpft noch einmal zusammen mit der anderen Mittelmacht Deutschland, verbündet auch mit der Türkei und Bulgarien gegen eine Übermacht, das ist die Triple Entente von Frankreich, England und Russland, seit April 1917 auch gegen die Vereinigte Staaten von Amerika. Die österreichisch – ungarische Armee hatte wegen ihrer Zusammensetzung aus mehreren Völkern (25 % deutschsprechend,23 % ungarisch und 40 % slawisch) darauf Bedacht zu nehmen, dass die slawischen Regimenter an der italienischer Front eingesetzt waren, wo sie mit äußerstem Einsatz kämpften, was an der russischen Front nicht gegeben gewesen wäre. 1916 gelang es den Mittelmächten, die Russen aus Polen zu verdrängen und weite Teile des Balkans zu besetzen. In dieser noch immer günstigen Lage wäre es sinnvoll gewesen, Friedensverhandlungen zu suchen. Aber der deutsche Kaiser und seine Heeresleitung waren zu Einsicht nicht zu bewegen. Am 20. November 1916 starb Kaiser Franz – Joseph I. im Alter von 86 Jahren, und sein Neffe und Nachfolger Karl I. hatte nicht die Kraft, wenigstens zu diesem Zeitpunkt das Bündnis mit Deutschland zu beenden.
Er war Kriegsgegner und hatte klar erkannt, dass Österreich einen noch länger andauernden Krieg nicht überstehen würde und nahm daher in einem Brief an seinen Schwager Sixtus von Bourbon – Parma Kontakt zu den Alliierten auf, um zu erkunden, dass diese die Zerstörung Österreich – Ungarns vorerst nicht wollten, da sie die Großmacht im Donauraum gegenüber dem deutschen Reich zu erhalten trachteten. Infolge der starren Haltung der deutschen Regierung und des Drängens tschechischer Emigranten nahmen die Alliierten dann jedoch die Auflösung Österreich – Ungarns in ihr Kriegsziel auf.
Die Oktoberrevolution und militärische Niederlage Russlands 1917 änderte nichts am bevorstehenden Zusammenbruch Deutschlands und Österreichs an der Westfront. Zu spät suchte das Haus Habsburg – Lothringen die auseinanderstrebenden Völker seiner Donaumonarchie durch Zugeständnisse an sich zu binden. Auch das am 16. Oktober 1918 veröffentlichte Manifest Kaiser Karls zur Neugliederung Österreich – Ungarns in einen Bund autonomer Staaten änderte nichts mehr. Schon hatten sich in Prag und Agram eigene Nationalräte gebildet.
Am 29. Oktober wurde das Königreich der Serben, Kroaten und Slovenen gegründet. Einen Tag vorher wurde die tschechoslowakische Republik ausgerufen. Am 30./31. Oktober 1918 wurde von der “provisorischen Nationalversammlung für Deutsch – Österreich“ die erste österreichische Regierung unter dem Vorsitz des Sozialdemokraten Doktor Karl Renner gebildet. Am 11. November verzichtete Kaiser Karl auf jeden Anteil an den Regierungsgeschäften. Am 12. November wurde die Republik Deutsch – Österreich proklamiert. Im Artikel 2 des neuen Staatsgrundgesetzes hieß es: “Deutsch – Österreich ist ein Landteil der deutschen Republik.“ Im 19. Jahrhundert wanderten auch viele Österreicher nach Übersee aus: der größte Teil davon in die vereinigten Staaten, einige aber auch nach Kanada, Südamerika und Australien. Sehr häufig trifft man in den USA auf Nachkommen früherer Einwanderer und auf ihre Spuren in Namen, Inschriften, Museen, Stadtbildern, Sprachinseln, Bräuchen und Gewohnheiten.
Die Auswanderungsmotive waren meist vielschichtig und komplex. Es gibt religiöse, politische, wirtschaftliche, soziale und individuell – psychologische Gründe. In der Zeit des Vormärz, in der reaktionären Zeit der gescheiterten Revolution von 1848 oder in der Zeit der Sozialistenverfolgung um 1885 gab es auch politische Flüchtlinge, die keine Aussicht auf eine wirtschaftlich gesicherte Existenz sahen. Der Großteil der Auswanderer wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein aus Angehörigen der unteren und mittleren, nicht aber der ärmsten Bevölkerungsgruppen gestellt. Alte Siedlungskolonien, eigene Gebiete mit starkem deutschem Bevölkerungsanteil und deutsche Viertel in Großstädten entstanden, insbesondere in New York, Chicago, Cincinnati, Milwaukee und Saint Louis.
Artikel erstellt von: Gastautor Franz Sonnleitner am 12.03.2005 |